Energieeinsparung: Bis zu 60 % durch Lüftungssanierung Klimatechnik: Ein Mammutprojekt mit Spitzenergebnissen

Die Goethe-Universität Frankfurt am Main hat in einem ersten Bauabschnitt ihre Lüftungsanlagen in einem Teil ihres Biozentrums saniert und sparte damit bereits im ersten Jahr rund 230.000 Euro pro Jahr. Bei der Auswertung der ersten Messergebnisse staunten die Verantwortlichen nicht schlecht: Sie erreichten rund 55 Prozent Energieeinsparung beim Strom- und 60 Prozent beim Wärmeverbrauch.

Prognostiziert waren 30 Prozent Strom- und Wärmeeinsparung. Gründe für die überraschend guten Ergebnisse sind eine optimierte Steuerung und eine perfekt abgestimmte Raumlufttechnik. Diese ergibt sich aus dem Zusammenspiel aus energieoptimierten Lüftungsgeräten der BerlinerLuft Technik, energieeffizienten Abluftventilatoren des Herstellers Hürner Luft- und Umwelttechnik (HLU) sowie der optimalen Verknüpfung der Gewerke. Insgesamt werden bis 2025 sieben Gebäude in drei Bauabschnitten saniert.

„Nach der Sanierung der Lüftungsanlagen im Biozentrum, im Gebäude N260, sparen wir viel mehr Energie ein als wir je prognostiziert haben. Die ersten Ergebnisse haben unsere Berechnungen weit übertroffen“, freut sich Gabi Lilienthal, Teamleitung technische Gebäudeausrüstung bei der Abteilung Planen und Bauen der Goethe-Universität Frankfurt. Gemeinsam mit ihrem Team hatte sie die Bau- und Projektleitung übernommen.

 

Biozentrum: umfangreiche Sanierung mit staatlicher Förderung

Die Modernisierung der Lüftungsanlagen im Gebäude N260 ist Teil einer umfangreichen energetischen Sanierung des Biozentrums auf dem Campus Riedberg. Insgesamt werden bis 2025 sieben Gebäude in drei Bauabschnitten saniert. Die Gesamtbaukosten betragen 10,68 Millionen Euro und werden zur Hälfte vom Land Hessen gefördert, und zwar im Rahmen des CO2-Minderungs- und Energieeffizienzprogramms, kurz COME. Die Arbeiten am Gebäude N260 im Biozentrum waren der erste Bauabschnitt und wurden 2022 fertiggestellt. Mit etwa 46.000 Studierenden zählt die Goethe-Universität Frankfurt am Main zu den größten Universitäten Deutschlands. Das Biozentrum steht auf dem Campus Riedberg, der als naturwissenschaftlicher Campus die Fachbereiche Biochemie, Chemie, Pharmazie sowie Physik und Biowissenschaften beheimatet. Auch große Teile der Geowissenschaften und der Geographie sind dort angesiedelt. Zukünftig werden sich auch die Institute der Mathematik und der Informatik auf dem Campus Riedberg befinden.

 

30 Jahre alte Lüftungsanlagen und Energiekosten in Millionenhöhe

Das Biozentrum wurde 1994 eröffnet. „Demnach sind auch die Lüftungsanlagen knapp 30 Jahre alt und waren fällig für eine Bestandssanierung“, verdeutlicht Gabi Lilienthal. Eine Ermittlung der Energiekosten ergab: Die Lüftungsanlagen sind sowohl mit 88 Prozent bei der Wärme als auch mit 56 Prozent beim Strom die Haupt-Energieverbraucher im Biozentrum und in den Chemischen Instituten auf dem Campus Riedberg. Sie verursachen jährlich Kosten in Millionenhöhe, nämlich 1,97 Millionen Euro für Strom und weitere 1,02 Millionen Euro für Wärme.

 

Wo der Energieverbrauch hoch und die Anlagen alt sind, liegen erfahrungsgemäß die größten Einsparpotenziale. Mit einer perfekt abgestimmten zentralen raumlufttechnischen Anlage hat das Biozentrum jetzt seine Energieeffizienz maximal optimiert

erklärt Paul Tucholke, Verkaufsingenieur und Projektverantwortlicher der BerlinerLuft. Technik GmbH.

Die Goethe-Universität Frankfurt hat den ersten Bauabschnitt des Gebäudes N260 in enger Abstimmung mit der BerlinerLuft. Technik und der Hürner Luft- und Umwelttechnik (HLU) ausgeführt.

Der Anlagenbau von HLU erhielt den Zuschlag für das öffentlich ausgeschriebene Bauvorhaben und zog die BerlinerLuft. Technik als Projektpartner hinzu. Die BerlinerLuft. Technik mit Sitz in Berlin ist Spezialist für Klima- und Lüftungstechnik; die Hürner Luft- und Umwelttechnik mit Hauptsitz in Mücke-Atzenhain (Hessen) ist Experte für energieeffiziente Zu- und Abluftsysteme. Die beiden Unternehmen arbeiten seit über 15 Jahren zusammen.

 

Neues Energiekonzept für das Biozentrum

Die Goethe-Universität Frankfurt hat das Großprojekt mit sieben Gebäuden und drei Bauabschnitten über ihre hauseigene Planungsabteilung entwickelt und geplant. Das Projektteam um Gabi Lilienthal und den Ansprechpartnern der BerlinerLuft. Technik und HLU hat an mehreren Stellschrauben gedreht, um die Lüftung im Biozentrum der Goethe-Universität Frankfurt so sparsam wie möglich zu gestalten. Wichtige Elemente dafür sind neue, energieeffiziente Zu- und Abluftanlagen (nach ErP 2018) in allen sieben Gebäuden. Eingebaute Leitbleche im Ansaugkanal sorgen für weniger Druckverluste. Elektroinstallation sowie Mess-, Steuer- und Regeltechnikinstallation (MSR) werden ebenfalls angepasst.

 

Durch unsere lüftungstechnische Expertise im Bereich chemisch korrosiver Abluft, verzahnt mit der allgemeinen Raumlufttechnik, konnten wir noch bessere Ergebnisse erzielen

sagt Christian Litzinger, Bereichsleiter des Anlagenbaus bei Hürner Luft- und Umwelttechnik.

 

N260 – eine Art Pilotprojekt

Das neue Energiekonzept für das Biozentrum wurde im ersten Bauabschnitt im Gebäude N260 auf die Probe gestellt. Mit Erfolg: Rund 55 Prozent weniger Strom- und 60 Prozent weniger Wärmeverbrauch sind das Ergebnis der bisherigen Sanierungsmaßnahmen. Dies zeigen Live-Messungen, die die Goethe-Universität von November 2022 bis März 2023 bei Voll- und Teilauslastung der Anlage dokumentiert hat. Weniger Energieverbrauch bedeutet auch weniger Kosten: Hochgerechnet spart die Universität so jährlich rund 236.000 Euro an Strom und Fernwärme. „Zusammen mit den staatlichen Subventionen wird sich die Anlage so bereits nach drei bis vier Jahren amortisiert haben“, erklärt Gabi Lilienthal.

 

Energieeffiziente RLT-Anlage

Herzstück der energetischen Sanierung im Gebäude N260 ist eine energieoptimierte RLT-Anlage der BerlinerLuft. Technik aus der Baureihe HygCond. Der Experte für Klima- und Lüftungstechnik fertigt seine RLT-Geräte und Hydraulikmodule am Standort in Bexbach, Saarland. Als modular aufgebautes Klimagerät konditioniert HygCond die Zu- und Abluft besonders energieeffizient. Darüber hinaus zeichnet es sich durch eine hohe Luftdichtigkeit in Verbindung mit minimalen Wärmeverlusten über das Gerätegehäuse aus. Die HygCond-Geräte sind auf die Hygieneanforderungen nach VDI 6022 geprüft, was eine optimale und einfache Wartung gewährleistet.

Die neue RLT-Anlage arbeitet mit einem Volumenstrom von 41.000 m3/h (Nacht) bzw. 62.000 m3/h (Tag). Zum Vergleich: Die Bestandsanlage war auf eine Luftmenge von 68.000 m3/h ausgelegt. Tatsächlich aber hat sie wegen defekter Abluftregler sogar mehr Luft benötigt, nämlich 78.000 m3/h. Durch die Sanierung und die Steuerungsoptimierung hat sich der Stromverbrauch der zentralen RLT-Anlage um 70 Prozent reduziert.

 

EcoCond in Vollversion

Für eine optimale Wärmerückgewinnung sind die Zu- und Abluftanlage im Gebäude N260 zusätzlich mit dem System EcoCond in Vollversion ausgeführt. EcoCond ist ein hocheffizientes Wärmerückgewinnungssystem zum Heizen und Kühlen. In der Vollversion schafft es einen Temperaturübertragungsgrad ≤ 80 Prozent und senkt dank sparsamer Betriebsweise die Lebenszykluskosten raumlufttechnischer Anlagen. Das Kreislaufverbundsystem EcoCond besteht aus Gegenstrom-Luft-Wasser-Wärmeüberträgern, einer drehzahlgeregelten hundertprozentigen redundanten Hochdruck-Kreisel-Pumpentechnik, hydraulischer Verbindungen und einem Controller für die Wärmerückgewinnung. Die Vorteile dieses Aufbaus: eine kompakte Einheit, ein kontinuierlich optimierter Massenstrom und minimierte Druckverluste im RLT-Gerät.

Vorgabe war, dass die Wärmerückgewinnung über eine Siemens Steuerung laufen musste. „Also haben wir unsere Programmierer kurzerhand auf diese Steuerung geschult“, betont Paul Tucholke. Die Wärmerückgewinnung nach EN 308 im Gebäude N260 hat einen Wirkungsgrad von mindestens 69 Prozent unter Volllastbedingungen, bei reduzierter Betriebsweise steigend.

 

Hocheffiziente Abluftventilatoren

Ein weiterer Grund für die guten Energie-Einsparergebnisse ist der Einbau von neuen, hocheffizienten Abluftventilatoren der Hürner Luft- und Umwelttechnik. Statt der alten riemenangetriebenen Ventilatoren sind nun hocheffiziente Radialventilatoren mit EC-Motoren im Bereich der Sonderabluft im Einsatz. „Dank der einzigartigen Laufradgeometrie erreichen unsere Ventilatoren einen sehr hohen Wirkungsgrad“, erklärt Christoph Reimers, der das Projekt als Gebietsverantwortlicher bei HLU betreut.

In Summe hat HLU 68 Radialluftventilatoren in den Baugrößen 160 bis 250 im Gebäude N260 im Biozentrum verbaut. Die neuen Ventilatoreinheiten arbeiten mit über 80 Prozent Motorenwirkungsgrad. Um Druckverluste zu minimieren, achtete HLU auf strömungsgünstige Anschlusspunkte der Lüftungsrohre an die Ventilatoren und einen optimierten Kanalverlauf. „Mit unseren Radialventilatoren lässt sich die Abluftmenge ganz ohne Volumenstromregler bestimmen. Auch ein Betrieb in Teillast mit reduzierten Luftmengen ist so unkompliziert möglich. Das spart zusätzlich Energie. Im Volllastbetrieb sprechen wir von einer Stromersparnis für die Sonderablüfter von 71 Prozent. Im Teillastbetrieb sind es sogar 89 Prozent“, erklärt Christian Litzinger.

Die Goethe-Universität Frankfurt profitiert von einem zuverlässigen Lüftungssystem mit höchster Ausfallsicherheit. Der Wartungsaufwand ist auf ein Minimum reduziert.

 

Drei große Herausforderungen

Für die Goethe-Universität Frankfurt, die BerlinerLuft. Technik und HLU hielt das Projekt im Gebäude N260 im Biozentrum drei besondere Herausforderungen bereit: Energieeinsparung, Platz und Zeit. Eine größtmögliche Energieeinsparung war das Hauptkriterium des Projekts. Für die Lüftungsanlage bedeutet das: Alles, was nicht unbedingt nötig ist, wurde weggebaut, so schlank wie möglich gehalten und die Anlage strömungstechnisch perfekt angepasst.

 

Platz optimal ausgenutzt

Eine zweite Herausforderung war der Platz. „Die neue Anlage musste exakt in die Abmessungen der alten Anlage passen und sich an die örtlichen Gegebenheiten anpassen“, verdeutlicht Gabi Lilienthal. Die Technikzentrale befindet sich im Keller des Biozentrums. Über einen Lichtschacht wurden die Einzelteile der Anlage eingebacht und dann an Ort und Stelle montiert. „Hier war eine extrem gute Vorplanung nötig“, betont Christian Litzinger von HLU. Platztechnisch punktet auch die RLT-Anlage der BerlinerLuft. Technik. aus der Baureihe HygCond. Als modular aufgebautes Klimagerät ist es eine besonders platzsparende Konstruktion. Im Ganzen ist das Zu- und Abluftgerät im Gebäude N260 im Biozentrum 4 x 2,5 x 20 Meter (B x H x L) groß. Weiterer Vorteil: „Durch Einspeisung von Wärme direkt in das EcoCond-System spart man sich zusätzlich eine Registerstufe“, erklärt Paul Tucholke.

 

Straffer Zeitplan

Herausforderung Nummer drei war die Zeit. Die einzelnen Arbeiten waren sehr eng getaktet, um die Beeinträchtigungen im Forschungs- und Lehrbetrieb am Biozentrum möglichst gering zu halten. „Unser Haus und alle beteiligten Firmen haben sehr gut zusammengearbeitet. Nur so konnten wir den straffen Zeitplan einhalten. Ein besonderer Dank geht auch an die Abteilung Betrieb und Service am Campus Riedberg, die uns und das Projekt kompetent unterstützt haben“, erklärt Gabi Lilienthal.

 

Ausblick: Bauabschnitte zwei und drei

Der Bauabschnitt zwei wurde im Mai 2024 abgeschlossen. Er umfasst die drei Gebäude N240, N210 und N230 im Biozentrum und auch hier sind die Spezialisten der BerlinerLuft. Technik und die Experten von HLU beteiligt. Der dritte Bauabschnitt mit weiteren drei Gebäuden (N220, N200 und N250) ist für 2024/2025 geplant.